Seite 54 im Krimi „Endlich ist er tot“ (Taschenbuch)
Es ist im Roman: Dienstag, 10.55 Uhr
Die Situation:
Polizeioberkommissar Klaus Schif vom Polizeiposten Rudersberg sitzt in Kallental in der „Krone“ und befragt die Wirtin Hanna Ebel. Da betritt Kurt Mader das Lokal und mischt sich in das Gespräch ein.
KURT MADER
Ach, Klaus, du bist auch schon da?
HANNA EBEL
Da Kurt. Nimm dir auch einen Kaffee.
KURT MADER
Danke, Hanna.
KLAUS SCHIF
Also gut, Kurt. Bleib’ ruhig gleich bei uns sitzen. Du wirst Hanna ja ohnehin zu unserem Mord aushorchen wollen – also kannst du gleich jetzt mithören, und wir ersparen Hanna eine Fragerunde.
KURT MADER
Was hat dir Hanna denn bisher erzählt?
KLAUS SCHIF
Also… Hanna – ich darf das doch noch einmal kurz für Kurt zusammenfassen, Hanna? – ist nicht besonders traurig wegen Greiningers Tod. Ohnehin wird, wie es bis jetzt aussieht, den Greininger niemand allzu sehr vermissen. Hanna hatte zwar – wie alle anderen auch – Streit mit ihm, aber in der vergangenen Nacht war ein Vertreter als Übernachtungsgast da, der gerne später am Abend noch etwas trinkt. Also stand sie bis kurz nach elf Uhr hinter dem Tresen, und um sechs Uhr wollte der Vertreter schon wieder frühstücken. Damit ist sie aus dem Schneider.
KURT MADER
Gut. Und warum hast du deinen Notizblock dann nicht schon wieder weggepackt und bist zurück nach Rudersberg gefahren?
KLAUS SCHIF
Tja, weil… Hanna hat mir etwas Interessantes erzählt. Der Vertreter hatte seinen Wagen gestern Abend zunächst drüben am Wiesenrand geparkt, und ein paar Minuten später kam Greininger mit dem Traktor durchs Dorf gefahren, hielt gleich an, rannte über die Straße zur „Krone“ und machte Hanna wegen des geparkten Wagens eine Riesenszene. Also ging der Vertreter hinaus und parkte sein Auto um. Horst Müller vom Sägewerk kam dazu, und wie er sah, dass Greininger das Umparken haargenau beobachtet, rastete er beinahe aus. Horst hat ihn beschimpft, und wahrscheinlich hätte er den Greininger auch gleich am Jackenkragen auf die Straße gezerrt, wenn Greininger nicht ziemlich schnell Reißaus genommen hätte.
KURT MADER
Und nun soll Horst der Mörder sein? Also bitte…
KLAUS SCHIF
Nein. Auf den zweiten Blick hatte Horst nicht mehr Grund Greininger umzubringen, als jeder andere im Dorf. Aber notieren muss ich es trotzdem – es passt einfach zu gut ins Bild.
KURT MADER
Ein schönes Bild: Ein Stinkstiefel ist tot, und plötzlich stehen fast alle unter Mordverdacht, die auch schon vorher unter ihm gelitten hatten. Das macht mich rasend!
KLAUS SCHIF
Für mich ist das auch alles nicht so toll, weißt du? Ich kenne alle, die ich befrage – und alle, die theoretisch der Mörder sein könnten, sowieso. Da macht das Nachforschen gleich keinen Spaß mehr.
KURT MADER
Und ich habe das Problem, dass wir eigentlich gerade jetzt einen guten Zusammenhalt im Dorf brauchen. Die Tourismusbahn wird langsam ein richtig gutes Thema durch das ganze Drumherum, das sich vielleicht für die Dörfer entlang der Strecke einfädeln lässt – das könnten wir gut brauchen hier im Dorf. Wenn ich mir aber überlege, was weiter vorn im Tal wegen der Umgehungsstraße los war, müssen wir unbedingt an einem Strang ziehen – sonst wird das nichts, und wir können lange warten, bis wir von Tagesgästen aus der Stadt oder womöglich sogar von ein paar Bauernhof-Urlaubern profitieren.
KLAUS SCHIF
Stimmt schon, Kurt. Aber wir können ja schlecht einen Mord links liegen lassen, nur damit nichts diese alte Dampflokomotive stört.
KURT MADER
Nein, das nicht. Im Gegenteil: Je schneller ihr den Mörder habt, um so besser. Dann haben wir schnell klare Verhältnisse, und es kommt erst gar nicht zu unnötigen Verdächtigungen, die nur die Leute im Dorf verrückt machen.
HANNA EBEL
Dann nehmt doch gleich den Follath mit. Ich meine: Der könnte es doch wirklich gewesen sein, oder? Ständig Streit mit Greininger – die wollen sogar davon krank geworden sein, dass Greininger seine Scheune mit alter Farbe gestrichen hat. Und mit ihrem Müsli-Fimmel waren sie ohnehin schon ziemlich hysterisch. Würde mich wundern, wenn Follaths nichts mit dem Tod von Greininger zu tun hätten.
KURT MADER
Ganz ehrlich, Follath wäre mir als Mörder auf jeden Fall am liebsten. Ich habe nichts gegen diese Leute, aber in seinem Fall würde der Mörder nicht so richtig aus dem Dorf stammen – und wir hätten wieder Ruhe.
KLAUS SCHIF
Ihr seid mir so Spezialisten… Backt ihr euch den passenden Täter jetzt gleich selbst? Da würden mir meine Kollegen von der Kripo ganz schön was husten! Nein, nein: Das muss schon sauber ermittelt und nachgewiesen werden.
KURT MADER
Schon klar, Klaus. Ich meine ja nur. Ich persönlich glaube, dass uns Follath den Gefallen, schuldig zu sein, wohl nicht tun wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er Greininger jahrelang mehr schlecht als recht erträgt, und schließlich bringt er ihn dann doch um. Das passt irgendwie nicht zusammen. Oder war in vergangenen Tagen irgendetwas Besonderes mit den Follaths?
HANNA EBEL
Hmm… Von denen hat man nicht viel mitbekommen. Aber ich glaube, dass Frau Follath am Donnerstag, nein: eher erst am Freitag in Stuttgart im Krankenhaus war, um sich untersuchen zu lassen. Er hat sie wohl hingefahren, musste aber gleich wieder weiter – und sie ist dann mit Bus und Eisenbahn heimgekommen. Bleich hat sie ausgesehen, als sie aus dem gestiegen ist. Irgendwie fertig – ich kann das von hier aus ganz gut sehen.
KURT MADER
Nur mal angenommen, die Untersuchung hat kein gutes Resultat für Frau Follath ergeben: Dann hätte Herr Follath natürlich allen Grund gehabt, Greininger die Pest an den Hals zu wünschen. Er hätte dann zwar das ganze Wochenende über gewartet – oder er hätte sich in seine Wut hineingesteigert, wer weiß das schon…? Gibt es denn Spuren, die auf Follath hindeuten?
KLAUS SCHIF
Du weißt ja, ich darf ja…
KURT MADER
…
KLAUS SCHIF
Also … Kurt, du könntest das ja auch selbst gesehen haben – und das wäre mir natürlich auch das Liebste, wenn du verstehst…
KURT MADER
…
KLAUS SCHIF
Gut, Kurt. Die Kriminaltechniker sind ja noch am Tatort, aber gleich morgens, als ich noch allein bei Greininger stand, fiel mir eine Fußspur im Gras auf – und die führte, soweit ich das von der Straße aus erkennen konnte, ziemlich deutlich zum Garten der Follaths hinüber.
HANNA EBEL
Also doch.
KURT MADER
Langsam, Hanna. Das muss noch gar nichts heißen.
HANNA EBEL
Kann es aber. Zumindest einer der Follaths dürfte an dem Abend, als Greininger umgebracht wurde, bei ihm gewesen sein. Da bleibt ja eigentlich nicht mehr viel Spielraum, oder?
…und hier geht's weiter |